so haben wir unsere diesjährige Naugardreise überschrieben. Das Wetter sah aber Tage zuvor weniger nach Sommer aus, denn
die "Schafskälte" war ausgebrochen. Als wir dann in Travemünde am Pommern-Zentrum mit unserem Reisebus in die Heimat
starteten, schien die Sonne und während unseres Aufenthaltes war sie unserer ständiger Begleiter. Der Sommer in Pommern begann!
Wir übernachteten in Külz und machten von dort aus unsere Fahrten, insbesondere war unser Ziel immer wieder Naugard und die
umliegenden Dörfer.

Unsere Reisegruppe vor dem Hotel in Stolpmünde
Mit einer kleinen Stadtrundfahrt stimmten wir uns, und vor allem die Landsleute, die zum ersten Mal in der Heimat waren, auf
die Stadt am Naugarder See ein. Als wir dann das Stadtgebiet verließen, trafen wir an zahlreichen Stellen auf die nun im Bau
befindliche Umgehungsstraße. Die Bauarbeiten sind in vollem Gange, ganz nah kamen wir vor Schwarzow daran vorbei. Auch bei
Hindenburg sind u.a. große Erdbewegungen zu erkennen. Die Trasse führt am Wolchower See und Hindenburger See vorbei und führt
auch durch ein Waldgebiet am Galberg. Wie uns der Naugarder Bürgermeister später sagte, soll die Umgehungsstraße, die in Höhe
von Groß-Sabow enden wird, Ende 2011 fertig sein.
Wir trafen uns später in Fanger zu einem Gottesdienst, den Pastor Bernhard Riedel aus Penkun für die Landsleute aus Fanger
und für unsere Reisegruppe hielt. Die ehemaligen Einwohner trafen sich bereits zum dritten Male in ihrem Heimatdorf. Sie
haben inzwischen gute Kontakte zu den Bewohnern ihrer Höfe geknüpft, auch zu dem polnischen Pfarrer, der aus dem Nachbardorf
Strelowhagen kommt. Die Dorfkirche war gut besucht, auch die heutigen Dorfbewohner waren zahlreich gekommen. In seiner
Predigt erinnerte Pastor Riedel an den Heimatverlust. Die Vertriebenen haben es verstanden aus der Vergangenheit eine Zukunft
zu gestalten, die von Versöhnung geprägt ist. Mit Lob- und Dankliedern endete der Gottesdienst.
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Anschließend fuhren wir zu einem gemeinsamen Mittagessen nach Külz.
Dort trafen wir uns mit dem polnischen Pfarrer aus Külz und Pastor Riedel zur Weihe der Spendentafel an der wiederhergestellten
Mauer des restaurierten Dorffriedhofes. Hier waren im Herbst des letzten Jahres Teile der Friedhofsmauer eingestürzt und
drohten auf die stark befahrene Straße zu fallen.
Auch der Heimatverein Naugard, insbesondere die Paten der Gedenksteine auf diesem Friedhof, beteiligten sich an den
Reparaturkosten.
Die Stadt Naugard war der Hauptgeldgeber neben der Kirchengemeinde Raphael in Naugard und den Külzer Einwohnern. Dieses
ist auf der Tafel, allerdings nur in polnisch, zu lesen die vom stellvertretenden Bürgermeister aus Naugard, von den beiden
Pfarrern und von der Vorsitzenden des Heimatvereins Naugard enthüllt und anschließend geweiht wurde. Ein Kaffeetrinken mit
den heutigen Külzern schloss diese kleine Feier ab.
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Einweihung der Spendentafel an der Freidhofsmauer in Külz
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Unser Versprechen, den Külzer Pfarrer in seiner nach zehnjähriger Bauzeit nun fertiggestellten Kirche Raphael in Naugard
zu besuchen, hielten wir ein. Über die Bismarckdörfer Kniephof und Jarchlin und weiter über Klein-Sabow und Groß-Sabow und
Maskow fuhren wir zur neuen Kirche an der Massower Straße und konnten dort ein sehr modernes Gotteshaus bewundern.
Wir verbrachten dann einen schönen Sommerabend in Naugard mit dem Besuch des vollständig restaurierten Ratskellers, der nun
wie zu unserer Zeit wieder ein Restaurant ist.
Für den nächsten Tag standen Stolp und Stolpmünde auf unserem Programm. Auf dem ehemaligen Heinrich von Stephan Platz, dem
Platz vor dem Rathaus, trafen wir uns mit Detlef Rach, dem Vorsitzenden des Stolper Bundes, zu einer Stadtrundfahrt. Das
Mittagessen nahmen wir in Stolpmünde in einem Hotel in Strandnähe ein. Hier waren trotz des warmen Sommerwetters wenig Gäste.
Wenn jetzt in ganz Polen die Schulferien beginnen, wird es lebhafter werden. So bekamen wir am nächsten Tag im Zentrum
des Badeortes Großmöllen einen Eindruck von den Vorbereitungen, besonders für die kleinen Gäste. Spielgeräte und Zelte
wurden angefahren und versperrten uns die Durchfahrt durch Großmöllen.
Unser erster Weg führte uns am nächsten Morgen zur St. Marienkirche in Naugard, wo uns der Dekan sehr herzlich empfing.
Einige Teilnehmer hatten die Kirche nach dem Kirchenbrand im Dezember 2005 noch nicht gesehen und konnten sich mit Freude und
Bewunderung von dem gelungenen Wiederaufbau überzeugen. Zur Zeit sind umfangreiche Arbeiten an der Fassade und den
Außenanlagen der Kirche im Gange.
Frau Schlegel vereinbarte mit dem Dekan das Anbringen einer Tafel an der Ebersteinkapelle, einem Anbau der Kirche, die die
Stadtgründer, die Grafen von Eberstrein, erbauen ließen. Der Text auf der Tafel wird in beiden Sprachen an die Gründer
der Stadt Naugard erinnern.
Es war der 24. Juni, an diesem Tag vor 65 Jahren wurden die letzten Naugarder aus ihrer Heimatstadt vertrieben. Sammelpunkt
war der Marktplatz. So standen wir heute auch dort um anschließend im Rathaus vom Bürgermeister empfangen zu werden.
Frau Schlegel machte dann auf diesen denkwürdigen Tag aufmerksam, an den offensichtlich von polnischer Seite nicht gedacht
wurde, der aber wie es schien, auch bei den polnischen Gastgebern, nachdenklich stimmte. Frau Schlegel erwähnte in diesem
Zusammenhang das gute und freundschaftliche Verhältnis zur heutigen Stadt Naugard, das die ehemaligen Einwohner aufgebaut
haben, auch zusammen mit der Paten- und Partnerstadt Heide. Mitte Juli beim Traditionsfest „Heider Marktfrieden“ gibt es
dort schon ein Wiedersehen.
Bürgermeister Ziemba berichtete von den Fortschritten in seiner Stadt, insbesondere von dem Bau der dringend notwendigen
Umgehungsstraße. Nicht unerwähnt ließ er auch das besondere Ereignis des Jahres 2009, die 700-Jahrfeier, die mit großer
Beteiligung der ehemaligen Einwohner von bleibender Erinnerung ist.
An Kontakten zu den Initiatoren der nun einhundert Jahre alten Naugarder Straße in Berlin ist er interessiert. Auf eine
Gedenktafel für die ehemalige Synagoge und für den jüdischen Friedhof angesprochen, zeigte sich der Bürgermeister
allerdings wenig interessiert. Es fehlen ihm Anträge dafür aus Israel.
An unserer Gedenkstätte an der Kapelle auf dem Naugarder Friedhof gedachten wir unserer Toten und legten ein Blumengebinde
mit blau-weißer Schleife nieder.
Nun war auch bald das Ende unseres Aufenthaltes in der Heimat gekommen. Es waren erlebnisreiche Sommertage. Auf unseren
Fahrten über Land begleiteten uns Feldblumen in allen Farben an den Wegrändern und in den Kornfeldern. Die Felder waren
durchweg bestellt, und in den Gärten blühten die Sommerblumen.
Am letzten Abend in Külz konnten wir am Lagerfeuer eine herrliche Vollmondnacht erleben. Schöne Sommertage in Pommern
gingen für uns zu Ende, und am nächsten Mittag kamen wir wohlbehalten wieder im Pommern-Zentrum in Travemünde an.
Margrit Schlegel
Vorsitzende des Heimatvereins Naugard e.V.
Winsterstraße 41 a
45481 Mülheim
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